Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit herausforderndem Verhalten

Mit dem Anspruch, auch Schülerinnen und Schüler mit herausforderndem Verhalten bestmöglich fördern und sozial integrieren zu können, hat sich die Bodelschwingh-Schule seit längerem schon auf den Weg gemacht, ein Konzept zum Umgang mit diesen Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. Dabei ging es zunächst darum, gemeinsam Bausteine und Angebote wie z.B. Klassenregeln, ausgebildete Streitschlichter, Schulsozialarbeit, kollegiale Fallberatung, Entspannungs- und Bewegungsräume, individuelle Assistenten (Integrationskräfte, FSJler) zur Unterstützung einzelner Schülerinnen und Schüler zu erarbeiten und zu implementieren. Diese stehen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Schülerinnen und Schülern im Schulalltag zur Verfügung und können nach Bedarf individuell genutzt werden.

Darüber hinaus wird das gesamte Kollegium nach dem „ProDeMa“-Konzept (Professionelles Deeskalationsmanagement) geschult mit dem Ziel, den Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit herausforderndem Verhalten weiter zu professionalisieren und das Grundverständnis für die Ursachen von schwierigen Verhaltensweisen zu erweitern und gewaltauslösenden Faktoren möglichst abzubauen.

In allen Schulstufen werden unter Nutzung der oben genannten Bausteine, Angebote und anderer schulischer Möglichkeiten, soziale Kompetenzen mit den Schülerinnen und Schülern eingeübt und der Aufbau eines positiven Selbstkonzeptes gefördert.

Die schulische Gemeinschaft soll einen Rahmen bieten, geprägt von einer Atmosphäre des gegenseitigen Respektes, in dem die Schülerinnen und Schüler sich persönlich angenommen fühlen und wertschätzende Beziehungen erleben.

Schulalltag

Schulregeln

Die Bodelschwingh- Schule verfügt über eine Schulordnung, deren Inhalte gemeinsam mit dem Schülerrat erarbeitet wurden. Das Layout zeigt zum besseren Verständnis für unsere Schülerschaft Bild- und Textelemente.

Sie hängt in den Fluren und Klassenräumen.

Darüber hinaus legt jede Klasse weitere interne Klassenregeln fest, manche Regeln werden auch klassenübergreifend abgestimmt. Das gesamte Lehrpersonal trägt Sorge für die Einhaltung der Schul- und Klassenregeln.

Individuelle Interventionsmaßnahmen

Die Möglichkeiten pädagogisch fundierter Unterstützung und Intervention für Kinder mit herausforderndem Verhalten sind vielfältig und müssen durch die Lehrkräfte individuell und situativ angepasst werden. Zum Abbau von akuten Spannungszuständen z.B. dienen den Schülerinnen und Schülern nicht nur Bewegungsangebote im Außenbereich der Schule, sondern auch Sportgeräte wie ein Boxsack und ein Laufband im Keller sowie der Snoezelenraum als Entspannungsraum. Manche Maßnahmen werden bereits im Rahmen der Förderplanung festgelegt und konsequent angewandt. Für die Ausrichtung individueller Interventionsmaßnahmen kooperieren u.a. Partnerklassen miteinander, so werden Auszeiten nach individuellen Absprachen außerhalb der Stammgruppe ermöglicht.

Integrationshelfer

Die Schulbegleitung durch Integrationshelfer soll gewährleisten, dass Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf am Schulleben teilnehmen können, auch herausforderndes Verhalten kann den Einsatz eines Integrationshelfers notwendig machen. Wesentliche Zielsetzung dabei ist die Unterstützung bei der Bewältigung der sozialen sowie unterrichtlichen und schulischen Anforderungen. Langfristiges Ziel ist es, durch stetige Stärkung der Schülerpersönlichkeit und den Abbau von Verhaltensauffälligkeiten die Begleitung durch Integrationshelfer letztendlich entbehrlich zu machen oder zumindest zu verringern. Die Gesamtverantwortlichkeit für den begleiteten Schüler (individuelle Förderplanung, Unterrichtsplanung und Durchführung, erzieherische Maßnahmen) liegt bei dem Lehrerteam der Klasse. Der Integrationshelfer wird angewiesen bzw. angeleitet, welche Aufgaben zu übernehmen und in welcher Art sie auszuführen sind.

Mittelbare Interventionsmöglichkeiten

Deeskalationstraining

„Professionelles Deeskalationsmanagement“ (ProDeMa®) ist ein patentiertes, praxisorientiertes und evaluiertes innerbetriebliches Präventions-, Handlungs- und Trainingskonzept, das die Mitarbeiter in Sozial- und Gesundheitsinstitutionen dazu befähigen soll, sich mit der Entstehung von Gewalt und Aggression auseinander zu setzen und alle Möglichkeiten der Deeskalation zu nutzen, um psychische oder physische Beeinträchtigungen oder Verletzungen sowohl von den betreuten Personen als auch den Mitarbeitern zu verhindern.

Die wichtigsten Inhalte des Konzepts lassen sich auf sieben Deeskalationsstufen abbilden:

  • Deeskalationsstufe I:
    Verhinderung der Entstehung von Gewalt und Aggression durch innerbetriebliche Reflexion ag-gressionsauslösender Reize, Prozessabläufe, Strukturen und Regeln (Primärprävention)
  • Deeskalationsstufe II:
    Veränderung von Reaktionsmustern der Mitarbeiter durch veränderte Interpretationen und Bewer-tungsmuster von aggressiven, herausfordernden oder abwehrenden Verhaltensweisen
  • Deeskalationsstufe III:
    Verständnis der Ursachen und Beweggründe aggressiver Verhaltensweisen von PBK (Patienten, Bewohner, Klienten; hier: Schülerinnen und Schüler)
  • Deeskalationsstufe IV:
    Kommunikative Deeskalationstechniken im direkten Umgang mit hochgespannten PBK: verbales Deeskalationstraining
  • Deeskalationsstufe V:
    Präventivtechniken zur sicheren Annäherung, verletzungsfreie Abwehr- und Fluchttechniken bei An- und Übergriffen von PBK
  • Deeskalationsstufe VI:
    Verletzungsfreie Begleit-, Halte-, Immobilisations- und Fixierungstechniken in akuten Gefahrensi-tuationen
  • Deeskalationsstufe VII:
    Kollegiale Ersthilfe, Umgang mit traumatisierten Mitarbeitern und professionelle Nachbearbeitung von Vorfällen mit dem Ziel der Tertiärprävention (vgl. www.prodema-online.de).

Nach einer Inhouse-Schulung des gesamten Kollegiums durch ProDeMa® in den Deeskalationsstufen I-IV im Mai und September 2012, haben wir eine Kollegin der Bodelschwingh-Schule zur Deeskalationstrainerin ausbilden lassen. In Zusammenarbeit mit dem zeitgleich ausgebildeten Deeskalationstrainer der Vinzenz-von-Paul-Schule in Beckum sind wir seit Beginn des Schuljahres 2014/15 dabei langfristig alle Inhalte des Deeskalationsmanagements in beiden Schulen zu implementieren.

Zum Ende des Schuljahres 2015/16 werden alle Kolleginnen und Kollegen an mindestens 4 ganzen Tagen im Bereich ProDeMa fortgebildet sein. Die ersten Gruppen erhalten im laufenden Schuljahr schon die ersten „Refreshing-Tage“.

Die Deeskalationstrainer wirken dabei als Multiplikator und Berater, initiieren und betreuen das Deeska-lationsmanagement, werden eingebunden in den Arbeitsschutz sowie in die Nachsorgekonzeption und schulen bzw. trainieren die Mitarbeiter in allen relevanten Inhalten.

Kollegiale Fallberatung

Die kollegiale Fallberatung ist ein Verfahren, bei dem die Fachkompetenz der Lehrkräfte genutzt wird, um im Rahmen einer klaren Gesprächsstruktur Probleme im Schulalltag aufzuarbeiten und Lösungs-angebote aufzuzeigen. Dazu wird bei Gesprächsbedarf eine Gruppe von Lehrkräften gebildet, die auf der Grundlage des im Folgenden kurz skizzierten Konzepts eine Beratung durchführt.

  • Schritt 1: Organisatorisches
    Ein Moderator wird bestimmt, der das Gespräch leitet, auf den Ablauf und die Zeiten achtet.
  • Schritt 2: Die Probleme werden benannt
    Ein Kollege stellt sein Beratungsanliegen vor.
  • Schritt 3: Spontane Äußerung aller Mitglieder der Gruppe
    Jeder schildert seinen persönlichen Eindruck.
  • Schritt 4: Nachfragen
  • Schritt 5: Reaktion des Betroffenen
    Der Betroffene benennt die Aussagen, die für ihn wichtig, überraschend oder hilfreich sind.
  • Schritt 6: Identifikation mit den Personen, die in dem Fall eine Rolle spielen
    Die Teilnehmer versetzen sich nacheinander in die Rolle des Betroffenen in der ritualisierten Form „Ich als … denke oder fühle in der beschriebenen Situation…“.
    Weitere Identifikationsrunden mit anderen an der Situation beteiligten Personen folgen.
  • Schritt 7: Lösungsangebote
    Jeder Teilnehmer kann ein Lösungsangebot formulieren.

Abschluss:
Der Betroffene gibt Rückmeldung, welche Ansätze für ihn lösungsrelevant sind.
An der Bodelschwingh-Schule gibt es eine Ansprechpartnerin für Kollegiale Fallberatung. Bei Bedarf kann jederzeit eine Beratungsgruppe gebildet werden und eine Beratung durchgeführt werden.

Teilkonferenz für Ordnungsmaßnahmen

Ein verpflichtend verankertes Entscheidungsgremium im System der Schule ist die sogenannte „Teilkonferenz“. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen gegen die Schulordnung wird eine Teilkonferenz mit gewählten Lehrerinnen und Lehrern aus dem Kollegium einberufen. Diese beraten über weiteres Vorgehen und einzusetzende Ordnungsmaßnahmen.

Schulsozialarbeit

Die Fachkraft für Schulsozialarbeit an der Bodelschwingh-Schule arbeitet gemeinsam mit den Lehrkräften an der Förderung gesellschaftlicher Integration durch Bildung, Erziehung, dem Abbau der Folgen wirtschaftlicher Armut und sozialer Ausgrenzung.

Im Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit herausfordernden Verhaltensweisen steht die Sozialarbeiterin zu Fallbesprechungen mit Lehrerinnen und Lehrern zur Verfügung.

Die Sozialarbeiterin kann ergänzend Gespräche mit den Erziehungsberechtigten führen, diese in akuten Krisensituationen unterstützen, vermittelnd pädagogische Lösungen besprechen und auch über Hilfe- und Beratungsmöglichkeiten informieren.

Externe Zusammenarbeit

Bei Schülerinnen und Schülern mit herausforderndem Verhalten ist ein regelmäßiger und intensiver Austausch mit den Erziehungsberechtigten sowie den professionellen Betreuern in Wohneinrichtungen unbedingt erforderlich. Bei Bedarf arbeiten die Klassenteams mit verschiedenen Einrichtungen zu-sammen, tauschen sich mit außerschulischen Experten aus, oder holen Informationen ein. Dazu gehören z.B. Mitarbeiter des Jugendamtes, der schulpsychologischen Beratungsstelle, verschiedener Fachkliniken, verschiedene Ärzte und Therapeuten.

An der Bodelschwingh-Schule besteht die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler nach Verordnung therapeutische Einheiten, wie z.B. Ergo- oder Autismustherapie während der Schulzeit im neuen Nebengebäude wahrnehmen können. Dort befindet sich außerdem die schulpsychologische Beratungsstelle welche ihre professionelle Beratung sowohl Eltern als auch Lehrern und Lehrerinnen anbietet.